Bildungsinitiative für Frauen

Darf ich das?

Darf ich das?

© Verlag Kremayr&Scheriau
Darf ich das?

Wie Selbstfürsorge im Alltag gelingt von Vivian Mary Pudelko

Darf ich das?

Selbstfürsorge ist eine Fähigkeit. Wir können sie üben und trainieren, egal wie wir in die Welt gekommen sind oder wo wir im Leben gerade stehen – unter allen Bedingungen ist es möglich, auf uns zu schauen.

Bei der Selbstfürsorge geht es in erster Linie darum, den Maßstab für das eigene Wohlbefinden in sich zu finden. Wir dürfen uns im Alltag mehr Raum für die eigenen, sehr individuellen Bedürfnisse und Wünsche nehmen.

In meiner Forschung an der Zürcher Hochschule der Künste im Rahmen einer Masterarbeit habe ich die Wesensmerkmale der Selbstfürsorge herausgearbeitet.

 

Selbstfürsorge hat drei Wesensmerkmale:

1.)  Selbstfürsorge ist sehr individuell: Was für den einen passt, kann für den anderen vollkommen unpassend sein.

2.)  Selbstfürsorge bedeutet einen lebenslangen Prozess: Wie gut, wir dürfen uns dafür viel Zeit zugestehen!

3.) Selbstfürsorge braucht die innere Erlaubnis: Wir sind erwachsen, juhu, wir dürfen selbst entscheiden. Das ist schön und gleichzeitig oft gar nicht so leicht. Diese innere Legitimierung darf ausgebaut und genährt werden.

 

Selbstfürsorgliches Verhalten kann sich auf fünf Ebenen beziehen:

* die körperliche Ebene: Körpersignale wahrnehmen, für Pausen sorgen, Bewegung, die Freude bereitet

* die emotionale Ebene: Gefühle wahrnehmen und ausdrücken, Zeit für persönlich wichtige Menschen, Zeit für sich selbst, Zeit für Genuss und Freude

* die kognitive Ebene: Reflexion von Gedanken, Haltungen, Meinungen, Selbstlob, Raum für geistige Inspiration, Tagebuch schreiben

* die soziale Ebene: Zusammensein mit anderen Menschen, gemeinsame Erlebnisse, Klärung bzw. Ansprechen von Konflikten, Einstehen für sich selbst

* die spirituelle Ebene: Platz für die persönlichen Werte im Leben, Dankbarkeit, Innenschau, Optimismus und Vertrauen pflegen

Wir dürfen diese wiederkehrende, innere Frage „Darf ich das?“ möglichst oft mit einem kräftigen JA! beantworten. Und das ein Leben lang!

Wir brauchen kleine Bremsen im Alltag. Oft sind das einfach schon die kleinen Dinge, die einen Unterschied machen im Strudel des Gehetzt-Seins. Hier ein paar Anregungen von mir, was manchmal beim Abbremsen helfen kann.

Tipps zum Abbremsen im Alltag

1. Die Dinge anders machen. Egal was. In unserem Alltag gibt es oftmals viele kleine Routinen, die gut und wichtig sind. In Momenten, wo wir nur noch allem nachzurennen scheinen, hilft es, diese Routinen aufzubrechen. Woanders einkaufen zu gehen, eine andere Strecke zu fahren, den Abwasch stehenzulassen, ganz spät ins Bett zu gehen oder ganz früh aufzustehen. Egal was. Einfach nur anders.

2. Sich plötzlich umentscheiden. Wenn der Kellner kommt, etwas anderes ordern als geplant, oder die ausgesprochene Bestellung bereits im nächsten Atemzug wieder umändern. Ein Treffen absagen. Doch nicht zum Sport gehen oder doch schwimmen gehen. Dabei darfst du einfach deiner Intuition folgen, das ist wichtig. Höre deinem Bauchgefühl gut zu. Was sagt der Körper, wasdas Herz? Ignoriere jetzt mal den Kopf.

3. Einfach mittendrin stehenbleiben. Kurz innehalten, wenn du unterwegs bist oder arbeitest. Einen Moment einfach nichts tun: nur einatmen, ausatmen. Weiter. Aber wichtig: Dabei auch nicht achtsam sein wollen.

4. Die Hände in Erde vergraben. Auf dem Balkon, auf der Terrasse, im Garten, im Blumentopf. Ein bisschen gärtnern, ganz entspannt, und die Erde fühlen. Das Grün anschauen.

5. Tätigkeiten mit der linken (oder der rechten) Hand ausführen. Die sonst weniger aktive Hand einsetzen. Dauert alles etwas länger und fühlt sich seltsam und ungewohnt an. Gut so.

6. Schau dir deine Mitmenschen an. Nimm die Menschen neben dir und um dich herum mit einem offenen Blick wahr. Im Bus, in der U-Bahn, an der Ampel, im Supermarkt.

7. Falls wirklich mal alles viel zu viel ist, dann fang ein dickes Buch an. So dick, dass du das Gewicht in deiner Tasche merkst, wenn du unterwegs bist. Und dann lies bei jeder Gelegenheit: vor dem Einschlafen, kurz nach dem Aufwachen, in der Bahn, auf der Toilette, im Büro.

Vivian Mary Pudelko MAS, www.fürmichda.com

Die Lesung zum Buch gibt es am 3. Mai im Bildungszentrum Floridsdorf: https://www.bildungswerk.at/termine/detailseite/?kn=B23-V00030

 

 

st/mz